3D-Modellierung im Kunstunterricht – ein Erfahrungsbericht
Verstehen wir die bildende Kunst mit Eco als epistemologische Metapher für die Zeit ihres Entstehens, so ist es unabdingbar, Schülern und Schülerinnen im Rahmen des Unterrichts ebenfalls zeitgemäße Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Die Handhabung von 3D-Druckern und vor allem von 3D-Modellierungssoftware gestaltet sich zunehmend benutzerfreundlich und finanzierbar, so dass über eine Verwendung im Rahmen des Kunstunterrichts nachgedacht werden kann.
Um Lehrerfortbildungen für 3D-Druck im Medienpädagogischen Zentrum Leipzig anbieten zu können, wurde der Einsatz im Kunstunterricht der 9. Klasse im Geschwister-Scholl-Gymnnasium Taucha getestet. Hierbei sollten vor allem ein Mehrwert überprüft sowie die Fallstricke eines solchen Einsatzes gefunden werden.
WAS? // Thema
Zunächst stellte sich die Frage nach Unterrichtsinhalten, die weitestgehend dem Lehrplan entsprechen und sinnvoll die Technik zum Einsatz bringen können. Das zu modellierende Objekt sollte dabei nicht zu komplex sein, um eine demotivierende Überforderung im Umgang mit der neuen Software zu vermeiden. Ein Verwendungsbezug erleichtert den Schülern und Schülerinnen den Zugang zur Aufgabenstellung und kongruiert mit dem Aufgabenbereich des Designs sowie des plastischen Gestaltens.
Gewählt wurde das Thema „Vase“. Dabei handelt es sich um ein im Aufbau simples Objekt mit den Eigenschaften der Standfestigkeit, des Fassungsvermögens von Wasser (oder Erde) und einem dekorativen Zweck. (Letztlich ist jedes Objekt mit einer ausreichend großen Vertiefung als Vase nutzbar.) Dieses Thema war jedoch für den Kunstunterricht in Klasse 9 zu unterkomplex, selbst wenn man den Wahlbereich des Designs in Betracht zieht. Daher wurde die Aufgabenstellung ergänzt: Die Vase sollte nicht sofort als solche zu erkennen und auch nicht eine Nachahmung eines anderen Gegenstandes (Mimesis) sein. Damit blieb die Freiheit der Formgebung gewahrt.
Erläutert wurde die Aufgabenstellung anhand des surrealistischen Begriffes der „Poesie“, also der Irritation des menschlichen Gehirns, wenn es auf (visuelle) Inhalte trifft, die es nicht eindeutig zuordnen kann und die folglich zunächst das Interesse wecken und anschließend eine kreative Lösung in ihrer Zuschreibung erfordern. Dieses Phänomen wurde in seiner Wirkungsweise mit den Begriffen der Assimilation und Akkommodation aus der Lernpsychologie (Jean Piaget) erklärt, wonach das „Erkennen“ eines neuen Gegenstandes (Einordnung eingehender Informationen in bestehende Konzepte) kein größeres Interesse, hingegen das „Nicht-Erkennen“ zu Neugier (Irritation) und schließlich zur Erweiterung bestehender mentaler Strukturen führt.
Als Vergleich diente dabei das Nutzungsverhalten von sozialen Netzwerken (z.B. Instagram) aus dem Lebensbereich der Schüler und Schülerinnen, wonach jene eigentlich permanent durchscrollen und nur bei Posts/Beiträgen hängenbleiben, die ihren Interessengebieten entsprechen oder aber deren visuelle Inhalte nicht sofort erschlossen werden können. Scherzhaft haben wir dies das „Hä?-Moment“ genannt.
WIE? // Konzept / Umsetzung
Die Herstellung von Objekten mittels 3D-Modellierung fällt in den Bereich des plastisches Gestaltens. Vorbereitend wurden daher die Gestaltungsmittel der Plastik und deren Wirkungen, insbesondere die Gewichtsverteilung, die Formenkontraste, sowie Symmetrie/Asymmetrie an Beispielen der Kunstgeschichte thematisiert. Auf Bildbeispiele von Vasen etwa von Ronan und Erwan Bouroullec, Ettore Sottsass oder Alvar Aalto wurde bewusst verzichtet, um eine Nachahmung durch die Schüler und Schülerinnen zu vermeiden, die einer freien Formfindung im Wege gestanden hätte.
Die Schüler und Schülerinnen konnten einzeln oder in Zweiergruppen arbeiten. Eine Gruppenarbeit war schon deshalb nötig, da ein Klassensatz iPads nur 20 Geräte umfasst. Nach Klärung der Aufgabenstellung, der Accounterstellung der Gruppen in der Softwareumgebung und einer kurzen Phase für erste Entwurfszeichnungen erfolgte die Einführung im Umgang mit der 3D-Modellierungssoftware, die sogleich an den Geräten getestet werden konnte.
Die Aufbereitung des Modells für den 3D-Druck (Slicing) sowie der 3D-Druck selbst sind nicht im Unterricht vermittelt worden. Die Slicing-Software, die von den 3D-Drucker-Herstellern mitgeliefert wird, lief im Fall Prusa nicht auf iOS (iPads). Um die Druckvorstufe in den Unterricht einzubeziehen, hätte die Software auf allen Rechnern der Computerkabinette installiert sowie diese stark genutzten Räume freigeplant werden müssen. Auf diesen Aufwand ist verzichtet worden, obgleich eine Vermittlung des ganzen Herstellungsprozesses wünschenswert wäre. Sicherlich gäbe es hier einen Ansatzpunkt für fächerübergreifenden Unterricht.
Die physischen Ergebnisse (3D-Drucke) sollten sodann Ausgangspunkt für die nächste Unterrichtseinheit werden, das Stillleben (in einer geweiteten Auslegung). Nach einem Exkurs in die Entwicklung des Stilllebens von wissenschaftlich botanischen Studien zum bedeutungsgeladenen Genre des Barock und weiter zum Fallenbild folgte ein Vergleich mit zeitgenössischer Produktfotografie (dem zeitgenössischen Stillleben) an Beispielen Peter Belangers. Neben dem Changieren von künstlerischem und außerkünstlerischem Zweck des Stilllebens/Produktfotografie ließen sich in der Gegenüberstellung Bildaufbau, Komposition, Perspektive, Materialästhetik, Techniken der Aufmerksamkeitser- und Überzeugung durch Form-, Farb- und Hell-Dunkelkontraste thematisieren.
Es folgte die Aufgabenstellung ein Produktfoto zu erstellen, das die eigene „Vase“ präsentiert und (z.B. bei Instagram) maximale Aufmerksamkeit erzeugen würde. Dafür konnte die Farbgebung der Objekte per Spraydose verändert werden, da das Filament des 3D-Druckes nicht immer die gewünschte Farbe hatte. Denn aus Kostengründen wurde das Filament genutzt, welches vorrätig war oder aber sich bereits im Drucker befand. Bei so manchem Objekt musste das Druckmaterial während des Druckprozesses gewechselt werden, weil es aufgebraucht war, was zur Zweifarbigkeit führte, die zwar nicht erwartet, aber bisweilen nachträglich willkommen war (Bsp. Annika & Carolin). Als Hintergründe dienten Farbkartons A1, die weiter bearbeitet werden konnten, um z.B. Formen und Farbkontraste zu erreichen. Die Schüler und Schülerinnen brachten für ihr Foto eine Reihe von Utensilien mit, gestalteten Variationen von Hintergründen und konnten so nebst verschiedener Lichtszenerien und Perspektiven während des Arbeitsprozesses eine große Variation von Gestaltungsmöglichkeiten herstellen.
Durchschnittlich sind etwa 15 divergierende Fotografien pro Objekt entstanden. Im Vergleich der fotografischen Arbeiten wurde sich dann für eine Variante entschieden. Interessant ist, dass stets mit überladenen Gestaltungen begonnen wurde, die im Prozess immer minimalistischer gerieten, da so das Objekt besser zur Geltung kommen konnte. Dies war ein Verstehensprozess. Der Aufbau des Settings und das Fotografieren wurden anfänglich eng begleitet, um dann den Schülern und Schülerinnen im spielerischen Prozess freie Hand zu lassen. Leider stand im Unterricht nur ein Fotosetting zur Verfügung. Es empfiehlt sich, mindestens zwei oder drei Arbeitsstationen anzubieten, um den Prozess beschleunigen zu können.
WOMIT? // Technik
Hardware
3D-Drucker
Seitens des Medienpädagogischen Zentrums Leipzig standen zwei 3D-Drucker Prusa Mini+ zur Verfügung. Diese kalibrieren das Druckbett selbst und verfügen über einen Sensor, der die Zuführung des Filaments überwacht. Damit sind bereits erste Kinderkrankheiten der 3D-Drucker überwunden, denn bei Druckzeiten zwischen 10 und 48 Stunden ist es nicht möglich, dem Druckvorgang beizuwohnen und den Füllstand sowie die Zufuhr des Druckmaterials zu überwachen. Ältere Modelle druckten einfach ohne Filament weiter und der Druck musste schließlich wiederholt werden. Leider blieb die Verwendung dieser Prusa-Drucker auch nicht ohne Probleme, da einzelne Teile, wie der Übergang zum „Heatbreak“, dem Verschleiß unterliegen. Auch bäckt das Filament gern in jenem Bereich mal an, sodass die Zuführung und das Filament entfernt und die Düse gereinigt werden müssen. Katastrophal gestaltet sich das Lösen des Druckobjektes vom Druckbett während des Druckvorgangs, da sich folglich das Filament in einem Klumpen um den Druckkopf sammelt und verhärtet. Ein anschließendes Entfernen des Materials ohne Beschädigung des Druckkopfes gestaltet sich sehr nervenaufreibend und zeitintensiv. Dennoch ist der Drucker mit einem Preis unter 500 EUR eine Empfehlung für Technikaffine.
Wünschenswert wäre die Verwendung eines 3D-Druckers, der gleichzeitig mit mehreren Filamenten drucken kann, da so die Stützstrukturen, die später mühevoll entfernt werden müssen, mit einem wasserlöslichen Material ausgeführt werden könnten. Eine Nacht in gefüllter Badewanne würde dann auch dieses Problem lösen. Des Weiteren wäre aufgrund der langen Druckzeiten ein schnellerer Drucker von Vorteil. Beides würden BambuLab-Drucker bieten, allerdings zu einem wesentlich höheren Preis. Ein kollegialer Erfahrungsbericht liegt hier leider noch nicht vor.
Letztlich benötigt der 3D-Druck der entstandenen Objekte sehr viel Zeit, die außerunterrichtlich aufgewendet werden muss. Soll 3D-Druck in breiterem Rahmen im Unterricht eingesetzt werden, braucht es dafür auch Voraussetzungen, die es Lehrern und Lehrerinnen ermöglichen, dies zu bewältigen. Das Slicen und das Drucken sind dabei das kleinere Problem. Die Herausforderung besteht in der Wartung der Drucker. Dies kann von weniger technikaffinen Lehrern und Lehrerinnen nicht bewerkstelligt werden. Es braucht dazu schulnahe Dienstleistungen.
Bei einer guten finanziellen Ausstattung der Schule könnten externe Firmen beauftragt werden, wie z.B. tinkertoys, die sich neben der Bereitstellung der Software auch um die Instandhaltung der 3D-Drucker kümmern. Perspektivisch wäre auch bei genügend personeller Kapazität und Qualifikation eine Betreuung der Drucker durch das jeweilige Medienpädagogische Zentrum denkbar. Denn bereits jetzt ist es möglich, sich 3D-Drucker für den schulischen Einsatz im MPZ Leipzig zu leihen.
Digitalkamera
Für die Fotoaufnahmen wurde eine SONY alpha7R II verwendet mit SONY SEL FE 24-105 MM/4,0 G OSS Objektiv. Sicherlich reicht hier auch eine günstigere digitale Spiegelreflexkamera. Die Verwendung von Smartphones oder iPads für Fotoaufnahmen ist zu überdenken. Die Bauart der Kameras führt dazu, dass alle Bildbereiche scharf aufgenommen werden. Dies kann gerade bei Produktfotografien von Vorteil sein, nimmt der Aufnahme jedoch jegliche Sinnlichkeit. Eine nachträgliche Bearbeitung mit Software, um Unschärfen hervorzubringen, ist recht aufwändig und wirkt selten überzeugend.
Unbedingt sollte digital und in hoher Auflösung fotografiert werden. Die SD-Karte der Kamera lässt sich schnell auf den Computer oder die Digitale Tafel übertragen und damit die (Zwischen-)Ergebnisse veranschaulichen und diskutieren.
Softbox-Set, Stativ
Einfache Sets sind bereits für ca. 70 EUR, Dreibein-Stative für ca. 20 EUR zu erwerben und vollkommen ausreichend.
Software
Bislang waren 3D-Modellierungsprogramme für den schulischen Einsatz zu teuer oder die Lernkurve bis zu deren Beherrschung zu steil. Die Hersteller von z.B. 4DCinema, Maya, Catia etc. hatten eher professionelle Nutzer im Blick. Auf wesentliche Grundfunktionen reduzierte Programme, die vor allem den schulischen Unterricht im Blick haben, gibt es noch nicht so lang. Hier seien zwei davon vorgestellt.
tinkertoys
Aus Leipzig stammt die Firma tinkertoys. Dieses schnürt ein schulisches Gesamtpaket bestehend aus Nutzerverwaltung, Modellierungssoftware, 3D-Drucker-Kauf oder -miete und Instandhaltungsservice sowie einen 3D-Druck-Service. Bis auf eine Oberflächenmodifikation (kostenfreie Ergänzung: https://labs.sketchfab.com/sculptfab/) bietet das Programm alles Nötige bei großer Benutzerfreundlichkeit. Eine klare Empfehlung. Jedoch sollte die Software vor Vertragsabschluss im schuleigenen Netzwerk geprüft werden, da sich im vorliegenden Fall leider die Einstellungen des Proxy-Servers am Tauchaer Gymnasium nicht mit diesem browserbasierten 3D-Programm vertrugen. Immer wieder wurden die 3D-Objekt-Dateien beschädigt und damit unbrauchbar. Dies war einerseits frustrierend, da das Problem nicht zu beheben war, animierte die Schüler und Schülerinnen jedoch immer wieder zu neuen Modellen, da sie diese durch ihren eigenen Account auch von zuhause aus herstellen konnten. Einige Schüler und Schülerinnen meldeten sich zudem privat bei tinkercad oder Shapr3D an und gaben dann das fertige 3D-Modell als .stl-Datei ab.
Freilich war dies nur mit einer hohen Eigenmotivation der Schüler und Schülerinnen zu bewältigen, die fast durchweg erlebt werden konnte. Fraglich ist hier, ob diese lediglich auf dem Reiz des Neuen beruhte und ob diese gehalten werden kann, wenn 3D-Modellierung ein regulärer Bestandteil des Unterrichts sein sollte.
tinkercad
Der Branchengigant Autodesk aus Kalifornien bietet für Schulen kostenfreien Zugang zu seinen Angeboten an, die neben 3D-Modellierung auch die Herstellung von Schaltkreisen und Programmierung beinhalten. Hier können über einen Schul- bzw. Lehreraccount auch Schüleraccounts eingerichtet werden. Der ebenfalls browserbasierte Echtzeit-3D-Editor lief auch auf den Tauchaer Schulgeräten stabil und flüssig. Benötigt eine Schule keine Unterstützung bei der Druckerinstandhaltung, ist das kostenfreie Angebot von tinkercad eine sehr gute Alternative zu tinkertoys.
WARUM? // Kontemplation und/oder Variation
3D-Modellierung und Druck werden bereits in mehreren Berufsfeldern eingesetzt. So gehören sie neben dem Produktdesign bereits in der Medizintechnik, der Architektur und dem Maschinenbau zum Standard. Warum sollte 3D-Technik aber über eine Berufsvorbereitung hinaus in der Schule eingesetzt werden? Diese Frage lässt sich an dieser Stelle nur für den Kunstunterricht beantworten.
Die 3D-Modellierung vereinigt an- und abtragende Verfahren mittelbar durch ein digitales Endgerät (iPad). Der Verlust der unmittelbaren Selbstwirksamkeitserfahrung der Schüler und Schülerinnen, wie etwa bei der Arbeit mit Ton, wird dabei ausgeglichen durch digitale Möglichkeiten, wie z.B. die Vervielfältigung der Zwischenergebnisse, die Revidierbarkeit von Aktionen, die Schnelligkeit im Modellierungsprozess durch Vorlage geometrischer Grundkörper und deren Skalier- und Modifizierbarkeit und nicht zuletzt durch die Präzision des Modells.
Was den Schülern und Schülerinnen an Übung und Geschicklichkeit häufig fehlt, um ihre Vorstellungen handwerklich umzusetzen, und zu Frustration während des Arbeitsprozesses führt, wird hier nun zu einem beherrschbaren Prozess. Die Schnelligkeit und die Möglichkeit Zwischenergebnisse zu duplizieren und damit zu bewahren, befähigen zu einem spielerischen Umgang mit den Volumina und Formen. Dies wiederum führte in diesem Unterrichtsprojekt zu einer Vielfalt an Gestaltungslösungen, die mit herkömmlichen Verfahren im Rahmen des Kunstunterrichts von Schüler und Schülerinnen nicht hätten erreicht werden können. Überdies lagen die Ergebnisse qualitativ weit über den ersten Entwurfszeichnungen der Schüler und Schülerinnen. Die Möglichkeit, die Zwischenergebnisse zu reflektieren, zu diskutieren und vor allem diese dann zu modifizieren bzw. gänzlich neu zu denken, hat sicherlich dazu beigetragen.
Der Einsatz der 3D Technik im Unterricht entspricht zudem wesentlich mehr realen Problemlösungsprozessen, die eine Vielzahl aufeinander aufbauender Entwicklungsstufen aufweisen und eben „Versuch & Irrtum“ mehr Raum geben, was sonst innerhalb des Unterrichts aufgrund von Zeitmangel und Notendruck kaum möglich ist. Es ist das freie Spiel, welches die Möglichkeiten von 3D-Modellierungssoftware erst im Umgang bewusst werden lässt und es sind die Möglichkeiten der 3D-Modellierungssoftware, die das freie Spiel ermöglicht. Sicherlich hat die malermönchartige Versenkung in die eine Arbeit, die dann benotet wird, sowie ein Ringen mit dem Material und den eigenen handwerklichen Fähigkeiten ihre pädagogische Berechtigung. Eine Optimierung durch Wiederholung bedeutet dabei aber eben auch, die in Mühe gelungenen Werkteile zu verwerfen. Dazu sind Schüler und Schülerinnen leider nur schwer zu bewegen. Der Lernprozess bleibt häufig verkürzt.
Nachspiel
Irritierend war das Feedback einiger Schüler und Schülerinnen in der Auswertungsstunde. Trotz zwischen-zeitlicher Zufriedenheit mit ihren Arbeiten, konnten manche Schüler und Schülerinnen die Qualität ihrer Ergebnisse nicht erkennen (Bsp: Annika & Carolin, Zachi & Erik & Luca). Sie empfanden Ihre Werke als „nicht schön“, nicht werthaft.
Vielleicht liegt eine Erklärungsmöglichkeit hierfür mit Hans-Günther Richter in der „speziellen Konventionalität“ der Bildauffassung im Jugendalter. Diese diene der Abgrenzung sowohl von der Kinderzeichnung als auch von kulturellen Vorstellungen der Erwachsenen. Zudem entspräche diese „spezielle Konventionalität“ dem Entwicklungsabschnitt der „mittleren Adoleszenz“, welcher geprägt ist von der Bewältigung von Übergängen und damit eben auch von labilen Phasen, in denen ein Verlust an Sicherheit empfunden werden kann. Konventionalität könnte als Form einer Rückversicherung hier stabilisierend wirken und bei der Integration in die Gesellschaft oder in soziale Gruppen als Entwicklungsaufgabe dieses Alters hilfreich sein.
Eine abschließende Gegenüberstellung der Arbeiten der Schüler und Schülerinnen mit Werken von Designern (Aalto, Bouroullec, Sottsass etc.) mag die Innovation und den Konventionsbruch als Prinzip der (angewandten) Kunst als gesellschaftlich erwünscht und gewertschätzt präsentieren und damit den Fokus der Schüler und Schülerinnen eher auf die Erweiterung ihrer bisherigen Möglichkeiten (Entwicklung als Fortschritt) lenken können.
Hendrik Peltzer
Pädagogischer Mitarbeiter am Medienpädagogischen Zentrum Leipzig & Kunstlehrer am GSG Taucha